Zur Person

Ingo Zimmermann wurde 1967 geboren. Er studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Graphic-Design. Der Augsburger Designer ist spezialisiert auf Typografie, Corporate Design, Editorial Design (Zeitschriften, Buchgestaltung). Seit 1994 betreibt er die Schriftschmiede ingoFonts, auf der jede Schrift beschränkt auf die Grundbuchstaben A-Z und a-z gratis heruntergeladen werden kann.

Fragen & Antworten

Wieso Typografie? Wodurch erwachte Ihr Interesse an der Schriftkunst?

Mein Vater ist Grafiker. Und seine Spezialität war (und ist) die Kalligrafie, die er auch in vielen seiner Aufträge anwenden konnte. Er arbeitete zu Hause, so dass ich schon jung mit Schrift – und zwar vom Schreiben her – als eigenständiger grafischer Ausdrucksform in Berührung kam. Und dann lagen auch noch überall unzählige Letraset-Bögen mit »Rubbelbuchstaben« … Später dann beim Graffiti-Sprühen baute ich in meine Werke immer mehr selbstgeschnittene Schablonenschriften ein. Insofern begann meine typografische Laufbahn als echter Schriftschneider. Das verlor sich auch nicht während des Studiums der Geschichte und Politikwissenschaften. Anschliessend studierte ich auch noch Kommunikationsdesign, und da verlegte ich mich alsbald auf die Schwerpunkte Kalligrafie und Typografie.

Wer sind Ihre typografischen Vorbilder?

Am ehesten noch mein Vater. Ich habe nie jemandem nachgeeifert. Natürlich interessiere ich mich für alles was mit Schrift und ihrer Geschichte zu tun hat, aber mein Interesse an den Personen steht dabei eher im Hintergrund und endet eigentlich auch mit Beginn des Photosatzes.

Welches Buch zum Thema Typografie haben Sie zuletzt gelesen? Welches würden Sie weiterempfehlen?

Ich lese ständig mehrere Bücher gleichzeitig. Typografisch waren dabei zuletzt nur zwei:

  • Cees de Jong, Alston W. Purvis, Jan Tholenaar: Type – A Visual History of Typefaces and Graphic Styles. Volume I 1628 bis 1900. Taschen 2009
  • Slanted #8: 2d3d.4. Karlsruhe 2009

Als empfehlenswertes Buch fällt mir spontan ein:

  • Albert Kapr: Fraktur. Form und Geschichte der gebrochenen Schriften. Verlag Hermann Schmidt, 1993.

Mit diesem Buch sind für mich die gebrochenen Schriften endgültig aus der Nazi-Ecke herausgetreten.

Wenn Sie eine Schrift sein könnten, welche Schrift wären Sie gerne?

Gill Sans. Wobei … hmm … so serifenlos durchs Leben gehen, ob das so toll ist … dann bleib ich doch lieber Mensch.

Greifen Sie zu Beginn des Schriftschöpfens zur Feder oder zur Maus?

Meine allerersten Schriften schnitt ich zum Graffitisprühen mit dem Cutter in Karton, ganz ohne Vorarbeiten. Und so arbeite ich heute noch: je nach gewünschtem Resultat greife ich zu Pinsel, Feder, Bleistift, Kugelschreiber, Maus. Aber zuvor kommt die mindestens genauso langwierige gedankliche Auseinandersetzung mit einer neuen Schriftidee, ganz ohne Skizzen, alles nur im Kopf. Bis irgendwann … und dann muss alles ganz schnell gehen, dann gibts erst mal tagelang kein anderes Thema mehr …

Mit welchen technischen Hilfsmitteln arbeiten Sie? Welchen Scanner, welchen Drucker, welchen Computer, welches Betriebssystem, welche Programme nutzen Sie?

Apple iMac 24″, Mac OS X 10.5.8, FontLab Studio, Adobe CS 4, neben dem Schreibtisch, aber nicht angeschlossen ein Scanner Epson Perfection Photo 3200, für schnelle Repros eine Digitalkamera Leica D-Lux 4, Grafiktablett Wacom Intuos4, A3-Farbdrucker Xerox Phaser, kleiner s/w-Büro-Laserdrucker von Samsung

Sind Sie Messie oder Purist? Horten sich auf Ihrer Festplatte 2.456.891 Fonts oder sind Garamond, Bodoni, Frutiger und Futura mehr als genug?

Eher Purist. Das kommt aber wahrscheinlich daher, dass die allermeisten meiner Kundenprojekte im Bereich des Corporate Design liegen. Dafür benötige ich immer wieder die gleichen Schriften. Trotzdem haben sich im Laufe von 15 Jahren 11.916 Fonts auf der Festplatte angesammelt … alle fein säuberlich sortiert.

Wenn Ihr Font-Ordner nur Platz für zehn Schriften hätte, welche wären das?

  1. Absolut Pro
  2. Akzidenz Grotesk
  3. Baskerville
  4. Cooper Black
  5. DePixel
  6. Gill Sans
  7. Jenson
  8. Josef Pro
  9. Trump Mediäval
  10. Walbaum

In Typo-Kreisen werden Comic Sans und Arial gebannt. Welche Schrift darf auf keinen Fall auf Ihren Rechner?

Alle Schriften, die Apple, Microsoft und Konsorten ungefragt installieren, werden (soweit sie nicht fürs System nötig sind) sorgfältig entfernt. Was ich gar nicht ausstehen kann sind schlechte Freefonts, vor allem Pseudohandschriften. Ich weiß auch gar nicht, warum die Leute so auf Handschriften stehen, schließlich kann man das ja selbermachen! Aber ich darf nicht klagen, meine Handschriften-Fonts werden gern gekauft.

Welcher Buchstabe ist Ihr Liebling? Mit welchem Buchstaben fangen Sie an, wenn Sie eine Schrift entwerfen?

Beim Wort »Buchstaben« denke ich unwillkürlich »a«. Warum das so ist …? Mein »Liebling« ist das »R«, vor allem in römischen Inschriften sieht der einfach genial aus. Beim Gestalten beginne ich fast immer mit »n«.

Wie kamen Sie auf den Namen für Ihre erste Schrift?

Meine erste Satzschrift, also mein allererster »Font«, entstand um 1994 herum im Rahmen der Bewerbung der Stadt Graz um die olympischen Winterspiele 2006 und hieß folgerichtig schlicht »Olympia«. Der Name wurde aber schon bald darauf von Linotype unter Androhung von 20.000 DM Strafe untersagt.

In dieser Zeit entstand auch meine erste Fraktur, die hieß (und heißt immer noch) latinisiert für meinen Familiennamen Zimmermann »Faber Fraktur«. Ich erinnere mich, dass ich auch lange nach einem gemeinsamen Namen für alle meine künftigen Fonts gesucht habe, und mir dabei auffiel, dass in meiner damaligen Schriftsammlung nur ganz wenige Schriftnamen mit F anfingen. Also: Faber …

Schmieden Sie Pläne für eine nächste Schrift?

Ja, ständig. Aber das Geldverdienen läßt nicht immer Zeit für so etwas Zeitaufwendiges wie das Schriftenmachen.

Haben Sie schon einmal einen Buchstaben in Stein gemeißelt?

Nein, in Stein nicht, aber eine Schrift in Holz geschnitten, das war anstrengend genug. Ich kenne einen Steinmetz, und solche Hände möchte ich nicht kriegen.

Vielen Dank für das Interview!

Danke für Ihr Interesse! Beste Grüße aus Augsburg!

Weiterführender Verweis

ingoFonts

[Thomas Kunz, 2009-11-19]