[Read the interview in english]
Zur Person
James Montalbano war Lehrer für Grafische Künste an einer öffentlichen Schule, bevor er bei Ed Benguiat Schriftzeichnen studierte. Danach war er künstlerischer Leiter verschiedener Magazine. Er hat Schriften für Vanity Fair, Vogue, Mens Vogue oder auch Glamour entworfen. 1990 gründete er die Schriftschmiede Terminal Design. Vierzehn Jahre arbeitete er an der Entwicklung des Clearview-Schriftsystems, das der Beschilderung der US-amerikanischen Bundesstraßen dient. Er lehrte am Pratt Institut und an der Parsons School of Design. Heute ist er Lehrer für Typedesign an der School of Visual Arts in New York.
Fragen & Antworten
Wieso Typografie? Wodurch erwachte Ihr Interesse an der Schriftkunst?
Meine Liebe zur Typografie entdeckte ich in der zehnten Klasse der High School in einem Letterpress-Kurs. Mein Vater, schon immer ein praktisch veranlagter Mann, schlug vor, ich solle in der High School einen Kurs in Graphic Arts belegen. So wäre ich qualifiziert, einen Job zu bekommen, bei dem ich die Druckmaschine in örtlichen Büro des Board of Education bedienen müsste. Damals arbeitete er in der Gegend als Schulleiter, und er sann immer nach Wegen, mich von der Straße zu holen.
Wer sind Ihre typografischen Vorbilder?
Ich habe in den späten Siebzigern zusammen bei Ed Benguiat Lettering an der School of Visual Arts gelernt. So muss ich auf ihn verweisen, als denjenigen, der mich am meisten direkt beeinflusst hat. Viele Andere haben mich informell beeinflusst: Doyald Young, Gerard Huerta, Daniel Pelavin. Aber Ed hatte wirklich den größten Einfluss darauf, dass ich in dieses verrückte Gewerbe einstieg.
Welches Buch zum Thema Typografie haben Sie zuletzt gelesen? Welches würden Sie weiterempfehlen?
Ich mag alle Bücher von Doyald Young. Ich bin mit Doyald befreundet, und ich finde, er ist ein sehr beeindruckender Kollege. Seine Bücher sind sehr informativ und geben einen wirklichen Einblick in seine Kunst. Zu Begin meiner Karriere war ich hingerissen von Adrian Frutigers »Type, Sign, Symbol«. Es ist schon lange vergriffen. Aber in dem Buch über sein Werk »Adrian Frutiger – die vollständigen Schriften« ist das Meiste enthalten und noch eine Menge mehr.
Wenn Sie eine Schrift sein könnten, welche Schrift wären Sie gerne?
Ich bin immer die Schrift, an der ich gerade arbeite. Derzeit ist es morgens eine formale Copperplate-Schreibschrift und nachmittags mein erster Versuch eines arabischen Designs.
Greifen Sie zu Beginn des Schriftschöpfens zur Feder oder zur Maus?
Unbedingt zur Maus. Früher habe ich Ideen auf Papier gezeichnet, aber ich finde es viel befriedigender, direkt am Bildschirm zu zeichnen. Und viel schneller. Darüber habe ich in einem Essey geschrieben, das Doyalds Youngs jüngstes Buch »Dangerous Curves« einleitet. Ich glaube nicht, dass es grundsätzlich besser oder schlechter wäre, mit einer Papierskizze zu beginnen. Man sollte die Technik nutzen, mit der man am besten vertraut ist.
Mit welchen technischen Hilfsmitteln arbeiten Sie? Welchen Scanner, welchen Drucker, welchen Computer, welches Betriebssystem, welche Programme nutzen Sie?
Ich benutze FontLab Studio 5.0.4 unter Mac Snow Leopard und unter Windows XP. Die XP-Software läuft über VM Fusion-Emulation auf einem Mac Pro Tower; das ist der beste PC, den ich je hatte. Das Macintosh-Betriebssystem nutze ich grundsätzlich, wenn ich postscript-basierte Open-Type-Schriften entwerfe und produziere. Windows XP nutze ich, wenn ich True-Type-Schriften machen muss. Ich habe ein paar Xante 2400 dpi-Drucker im Studio. Scannen tu ich nicht sehr oft; aber ich besitze einen Microtec Scanner, der rumsteht und Staub ansammelt.
Sind Sie Messie oder Purist? Horten sich auf Ihrer Festplatte 2.456.891 Fonts oder sind Garamond, Bodoni, Frutiger und Futura mehr als genug?
Als Schriftdesigner ist die einzige Schrift, die mich interessiert, die Schrift, die ich entwerfe. Ich habe tausende Schriften auf meiner Festplatte aus meinen Tagen als Grafikdesigner. Aber da ich nicht mehr als Grafikdesigner arbeite, verwende ich sie nicht und schaue sie mir auch nicht an. Zum Glück nehmen Schriftdateien nur wenig Platz weg, andernfalls müsste ich sie löschen.
Wenn Ihr Font-Ordner nur Platz für zehn Schriften hätte, welche wären das?
Es wären zehn meiner Schriften. Welche, würde davon abhängen, wie ich mich an dem Tag fühle.
In Typo-Kreisen werden Comic Sans und Arial gebannt. Welche Schrift darf auf keinen Fall auf Ihren Rechner?
Ich mag all dieses Gerede über Schrift-Banishing nicht.
Welcher Buchstabe ist Ihr Liebling? Mit welchem Buchstaben fangen Sie an, wenn Sie eine Schrift entwerfen?
Meine Vorgehensweise ist fast immer gleich. Ich beginne mit den Kleinbuchstaben i, n, o und v zusammen mit den Großbuchstaben I, H, O und V. Danach entstehen die Kleinbuchstaben grundsätzlich in dieser Reihenfolge: m, h, b, d, p, q, r, c, e, a, f, j, t, w, k, x, g und alles, was dann noch übrig ist. Die Reihenfolge kann sich ändern, aber die Kontroll-Glyphen kommen immer zuerst. Nachdem die Kontroll-Großbuchstaben entworfen sind, geht es in der Regel so weiter: A, E, F, T, L, C, D, W, K, X und so weiter und so fort.
Wie kamen Sie auf den Namen für Ihre erste Schrift?
Der Name meiner ersten Schrift war – glaube ich – Senza. Es war eine Serifenlose, und Senza ist das italienische Wort für »ohne«. Damals dachte ich, ich wäre ziemlich klug. Aber die Schrift war schrecklicher Müll. Sie ist längst ausgemustert und vergessen.
Schmieden Sie Pläne für eine nächste Schrift?
Wie ich bereits sagte, arbeite ich an einer Schreibschrift im Kupferstich-Stil. Den Entwurf hatte ich ursprünglich vor fünf oder sechs Jahren für das Glamour Magazine erstellt. Jetzt überarbeite ich es und motze es mit einigen Open-Type-Features auf.
Haben Sie schon einmal einen Buchstaben in Stein gemeißelt?
Nein, habe ich nicht.
Vielen Dank für das Interview!
Bitte sehr. Danke für’s Fragen.
Weiterführende Verweise
[Thomas Kunz, 2009-12-15]