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Zur Person
Łukasz Dziedzic wurde 1967 in Warschau, Polen, geboren. Nachdem er die Schule abgebrochen hatte, versuchte er sich in den verschiedensten Tätigkeiten. So hat er schon als Tontechniker, Schauspieler und Software-Entwickler gearbeitet. Sogar bei der Instandsetzung einer Kirche aus dem 13. Jahrhundert war er als Schreinergehilfe beteiligt. In einer Jazz-Band spielte er den Bass. Während der ersten freien Wahlen in Polen jobbte Dziedzic als Zeitungsjunge bei der unabhängigen Tageszeitung Gazeta Wyborcza. Später wechselte er in die Design-Abteilung der Zeitung, für die er dann seine erste Schrift entwarf. Zur Zeit arbeitet er als freier Zeitungs- und Magazin-Designer.
Fragen & Antworten
Wieso Typografie? Wodurch erwachte Ihr Interesse an der Schriftkunst?
Ich glaube, das Interesse bestand schon immer. Als ich zehn war, habe ich eine Schülerzeitung mit meinem Bleistift gezeichnet. Die Buchstaben gingen in Richtung Courier. Ich war kein guter Schüler, aber meine Handschrift war schön. Sie ist ein Teil von mir, ob ich will oder nicht. Zum Glück, gibt es auch noch andere Teile, die mich ausmachen. Das hoffe ich zumindest.
Wer sind Ihre typografischen Vorbilder?
Um nur einige zu nennen, ohne eine bestimmte Rangfolge: David Berlow für seinen Sinn für Humor, Lucas de Groot dafür, dass er den gleichen Vornamen hat wie ich, und für sein akkurates Zurichten, Erik Spiekermann für seine soziale Ader, Matthew Carter für seinen (Welt-)Weitblick, Timothy Donaldson wegen der Größe seines Schreibwerkzeugs, Roger Black – er weiß schon wieso – Christian Schwartz wegen der Formen die er kreiert und der Geschwindigkeit, in der es sie entwirft, Neville Brody wegen »The Graphic Language of Neville Brody«, ….
Welches Buch zum Thema Typografie haben Sie zuletzt gelesen? Welches würden Sie weiterempfehlen?
Ich lese keine Bücher über Typografie. Das ist ähnlich wie mit Frauen: man braucht nichts über sie lesen, um sie zu mögen, und es ist besser gar nicht erst zu wissen, was andere über sie sagen.
Wenn Sie eine Schrift sein könnten, welche Schrift wären Sie gerne?
Buchstaben, die am Strand mit einem Stock in den Sand geschrieben wurden.
Greifen Sie zu Beginn des Schriftschöpfens zur Feder oder zur Maus?
Beides – wirklich. Manchmal zur Feder, manchmal zur Maus.
Mit welchen technischen Hilfsmitteln arbeiten Sie? Welchen Scanner, welchen Drucker, welchen Computer, welches Betriebssystem, welche Programme nutzen Sie?
Kein Scanner; nur eine Kamera. Mac OS X mit Illustrator, FontLab Studio und InDesign. Ein Dutzend Python-Macros, um stupide Arbeiten zu beschleunigen.
Sind Sie Messie oder Purist? Horten sich auf Ihrer Festplatte 2.456.891 Fonts oder sind Garamond, Bodoni, Frutiger und Futura mehr als genug?
Sicher habe ich zu viele Schriften, aber genauso sicher fehlen mir auch einige.
Wenn Ihr Font-Ordner nur Platz für zehn Schriften hätte, welche wären das?
Die System-Schriften – jede einzelne.
In Typo-Kreisen werden Comic Sans und Arial gebannt. Welche Schrift darf auf keinen Fall auf Ihren Rechner?
Ich bin sicher, sie sind irgendwo auf meiner Festplatte. Aber ich nutze Arial und Comic Sans nicht.
Welcher Buchstabe ist Ihr Liebling? Mit welchem Buchstaben fangen Sie an, wenn Sie eine Schrift entwerfen?
g, &, ?, A, d oder jeder andere Buchstabe, der eine Inspiration für das restliche Alphabet sein kann.
Wie kamen Sie auf den Namen für Ihre erste Schrift?
Ich weiß es nicht mehr.
Schmieden Sie Pläne für eine nächste Schrift?
Ja, ich habe einige Ideen. Aber bis jetzt sind es keine großen Schriftfamilien, eher kleine Schriften ohne große Glyphenpalette.
Haben Sie schon einmal einen Buchstaben in Stein gemeißelt?
Ich habe es zehn Minuten lang versucht. Es war eine halbe Ewigkeit, um ein gutes Ergebnis zu erzielen.
Vielen Dank für das Interview!
Alles Gute, Ł
Weiterführender Verweis
[Thomas Kunz, 2010-10-22]